Rudi Pawelka am Marterpfahl der politischen Korrektheit:

Freitag,26.Juli2013 von

Am 22. und 23.Juni 2013 fand wieder das Schlesiertreffen in Hannover statt. Es gehört zu den Vertriebenentreffen
mit den klarsten politischen Aussagen, was bei den Ehrengästen aber meist nicht sehr
geschätzt wird. So verließ vor zwei Jahren der damalige Ministerpräsident Niedersachsens,
McAllister, den Festsaal vorzeitig, weil ihm einige Feststellungen des Bundesvorsitzenden der
Landsmannschaft Schlesien, Rudi Pawelka, nicht gefielen.
In diesem Jahr war es ähnlich.
Pawelka forderte von Polen und Tschechien eine Entschuldigung
und Entschädigung für die Vertreibung . „Wir
machen einseitig Versöhnung, das bringt auf Dauer nichts“,
und er fügte hinzu: „Wir haben uns vielfach entschuldigt.“
Pawelka sprach allerdings auch von „ersten Schritten hin zu
einer echten Versöhnung“. „Wir bemerken auch positiv,
dass Polen den Nachbarschaftsvertrag beginnt umzusetzen.“
In beiden Ländern gebe es hoffnungsvolle Zeichen. Insgesamt
darf die Rede daher als ausgewogen bezeichnet
werden. Doch das wollten Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) und der Landtagspräsident
Bernd Busemann nicht erkennen. Sie hielten die Rede, deren Entwurf oder Teile davon
ihnen schon am Freitag zugespielt worden waren, für antipolnisch, was sie zur Absage ihrer
Teilnahme am Treffen veranlaßte. Auch in den eigenen Reihen gab es Widerstand. So trat der
Präsident der Schlesischen Landesvertretung, Michael Pietsch, ebenfalls zurück.
Es kam aber noch schlimmer. Wie die FAZ vom 27. Juni 2013 (S. 4) schrieb, kündigte das „Haus
Schlesien“ in Königswinter bei Bonn den Mietvertrag mit der Landsmannschaft Schlesien für die dort
befindlichen Büroräume. Es wolle nicht in Mithaftung für die „revanchistischen Töne“ Pawelkas in
Hannover genommen werden. Im Hintergrund droht die Gefahr der Zuschussverweigerung, von der
die Durchführung des Schlesiertreffens jedes Mal abhängt. Das hätte dann den Beigeschmack der
Erpressung.
In seiner Rede kritisierte Pawelka auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Diese habe sich 2002
noch in der Opposition für eine Entschädigung deutscher Zwangsarbeiter im Osten eingesetzt, tue jetzt
aber nichts. Als moralischen Tiefpunkt deutscher Außenpolitik bezeichnete Pawelka, dass Außenminister
Guido Westerwelle (FDP) in Königsberg 2011 einen Kranz für gefallene Sowjet-Soldaten
niederlegte, nicht aber für Frauen und Kinder, die von den Soldaten ermordet worden seien.
Eine dauerhafte Versöhnung brauche eine Anerkennung der Vertreibung, argumentierte Pawelka.
Während die Erinnerung an den Terror des NS-Regimes allgegenwärtig sei, verblasse die Erinnerung
an die Vertreibung. „Haben Millionen unschuldige Opfer eine würdige Erinnerung nicht verdient?
Sind sie kollektiv schuldig geworden?“
Einsicht oder Wahlkampftaktik?
Die Reaktionen auf die Vorgänge in Hannover waren bei den Vertriebenen durchaus geteilt. Wie
meist, solidarisierte sich vor allem die Basis mit der Pawelka-Rede. Den Parteizentralen bleibt solches
natürlich nicht verborgen. Ins Gewicht fällt auch, daß (nicht nur in Niedersachsen!) jeder vierte Einwohner
seine familiären Wurzeln in den Vertreibungsgebieten hat. So wundert es nicht, daß Herr
Busemann kürzlich den BdV-Landesvorstand empfing und spontan einwilligte, am Tag der Heímat
den Festvortrag zu halten. Frau Steinbach erhielt sogar einen Gesprächstermin bei Ministerpräsident
Weil selbst und freute sich über eine Förderungszusage für das Museum im Grenzdurchgangslager
Friedland. Die Zukunft muß zeigen, ob dahinter mehr als nur Taktik steckt.

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