Kamerad Hellmut Diwald vor 90 Jahren geboren

Mittwoch,13.August2014 von

Am 13. August 1924, also vor genau 90 Jahren, wurde Prof. Dr. Hellmut Diwald in Schattau, Mähren, geboren. Dem Witikobund trat der bedeutende deutsche Historiker und Publizist am 14. Oktober 1979 bei. Leider verstarb er schon am 26. Mai 1993 mit nur achtundsechzig Jahren in Würzburg. Hellmut Diwald wuchs zunächst in Südmähren auf. Eingeschult wurde er in Prag. Im November 1938 zog die Familie nach Nürnberg, wo der Vater eine Stelle als Ingenieur angetreten hatte. Am zweiten Weltkrieg nahm Hellmut Diwald aktiv teil und legte 1944 als Soldat in Frankreich ein Notabitur ab. Nach dem Krieg entschied er sich für das Maschinenbaustudium, das er 1947 am Polytechnikum in Nürnberg abschloss. Anschließend studierte er in Hamburg und Erlangen Philosophie, Germanistik und Geschichte. 1952 wurde er bei dem Religions- und Geistesgeschichtler Hans-Joachim Schoeps in Erlangen mit einer Arbeit zum Thema „Untersuchungen zum Geschichtsrealismus im 19. Jahr-hundert“ promoviert. Er habilitierte sich 1958 mit einer Arbeit über den Philosophen Wilhelm Dilthey und lehrte von 1965 bis 1985 an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen Mittlere und Neuere Geschichte. Von 1948 bis 1966 war er außerdem Redakteur der Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte. Diwald lebte zuletzt in Würzburg, wo seine Frau Susanne Diwald bis 1989 Islamwissenschaften lehrte.

Publikationen und Medienarbeit
Diwalds schriftliche Hinterlassenschaft ist mit 26 Büchern und unzähligen Aufsätzen sehr beachtlich. 1970 gab er den Nachlass Ernst Ludwig von Gerlachs, eines konservativen Politikers der Bismarck-Zeit, heraus. 1975 verfasste er den in hohem Ansehen stehenden ersten Band der Propyläen-Geschichte Europas unter dem Titel Anspruch auf Mündigkeit. 1400–1555. Den Blick auf größere Zusammenhänge lenkte Diwald mit dem zweibändigen Werk über den „Kampf um die Weltmeere“ (1980). 1979 bzw. 1982 erschienen die zwei viel beachteten Biographien über Wallenstein und Luther. Da er mit der Wallensteinbiographie ein halbes Jahr früher am Markt war als Golo Mann, war dieser verstimmt. Mit einer Biographie Heinrich I. erwies sich Diwald auch als kompetent für das frühe Deutschland. Seine universielle Bildung belegen die 1990 erschie-nenen sechs Bände „Die großen Ereignisse – fünf Jahrtausende Weltgeschichte in Darstellung und Dokumenten“. Sie umfassen 4.000 Seiten und erschienen nur in einer Exklusivausgabe des Coron-Verlages, also nicht im Buchhandel.
Solange sich unser Kamerad mit zurückliegenden und ideologisch unverfänglichen Themen befasste, war ihm allgemeine Anerkennung sicher. Gerühmt wurden nicht nur sein Fachwissen, sondern auch seine Sprachkraft.
In die Kritik zeitgeistkonformer Fachkollegen und Journalisten geriet er, als er sich auch aktuellen Themen zuwandte, wie 1970 mit der Arbeit „Die Anerkennung“ , in der er die Deutschlandpolitik der Bundesregierung einer vorurteilslosen Prüfung unterzog. Das gleiche geschah 1978 bei der „Geschichte der Deutschen“, in der er eine gegenchronologische Darstellungsweise versuchte. Dabei unterstellte man ihm, so die Wurzeln des Nationalsozialismus verschleiern zu wollen. Umstritten war auch eine Stelle zur Judenvernichtung, was der Verlag in der zweiten Auflage eigenmächtig änderte. Mitunter dürfte auch Neid der Fachkollegen mitgespielt haben, da Diwald einer der wenigen Historiker war, die gelesen wurden! Verübelt wurde ihm auch seine kritische Haltung zu den USA, wofür ihm heute vielleicht der eine oder andere Abbitte leisten sollte.
Diwald trat auch in Rundfunk und Fernsehen auf. Zu sehen war er in den 1970er Jahren mehrfach in der ZDF-Fernsehserie „Fragen zur Zeit“ oder von 1977 bis 1979 in der Sendereihe „Dokumente Deutschen Daseins“. In diesem Rahmen diskutierte er mit Sebastian Haffner (geb. Raimund Pretzel). Im November 1981 gründete Diwald mit Alfred Schickel und Alfred Seidl die Zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt (ZFI).
Patenschaftsfeier 1981 in Regensburg

Ehrungen
Ungeachtet mancher Anfeindungen blieben höchste Ehrung nicht aus. Zu ihnen gehörten 1979 der Kulturpreis für Wissenschaft der Sudetendeutschen Landsmannschaft; 1980 der Südmährische Kulturpreis; 1980 die Johannes Mathesius–Medaille; 1983 die Kant-Plakette der Deutschen Akademie für Bildung und Kultur; 1988 der Goldene Ehrenring „Der deutschen Literatur“ des Deutschen Kulturwerkes Europäischen Geistes; 1990 die Bismarck-Medaille in Gold und 1992 der Schiller-Preis des Deutschen Kulturwerks Europäischen Geistes. Man sollte hier aber nicht verschweigen, dass die Sudetendeutsche Landsmannschaft den Vorschlag, Diwald zu ehren, „mehrere Jahre“ (Prof. Eichler) vor sich hergeschoben hat! Ohne Zweifel begann damals schon die intellektuelle Selbstverstümmelung der Landsmannschaft.
Diwalds Wirken im Stillen
Diwalds Urteil war auch im Ausland geschätzt. Als die Sowjetunion zwischen 1985 und 1989 ein neues Konzept der Deutschlandpolitik entwickelte, nahmen Vertreter der Russischen Akademie der Wissenschaften Kontakt auch zu ihm auf. Gesprächsthema war auch das Sudetenland, denn dieses sei, so die sowjetische Seite, altes deutsches Siedlungsgebiet, über das infolge Fehlens eines Friedens-vertrages noch nicht das letzte Wort gesprochen sei! Nur sein engster Freundeskreis wusste von diesen Kontakten, die er auch dazu nutzte, den Abgesandten der sowjetischen Führung insgeheim Bücher und Informationsmaterial zur deutschen Frage zukommen zu lassen. So könnte der 1989 eingetretene dra-matische Wandel der sowjetischen Deutschlandpolitik teilweise auch von Diwald beeinflusst worden sein.
Ein Trauerspiel – bis auf die Witikonen!
An Hellmut Diwald werden stets seine tolerante Wesensart, seine Liebenswürdigkeit, seine Sachlich-keit und seine Hilfsbereitschaft hervorgehoben. Seinen Studenten war er nicht nur akademischer Lehrer, sondern auch Ratgeber bei privaten Nöten. Bei seinem Einsatz für Deutschland ging es ihm vor allem um einen fairen Umgang mit der deutschen Geschichte. Es war ihm noch vergönnt, die deutsche (Teil-) Wiedervereinigung zu erleben. Vom Krankenbett aus hoffte er noch auf eine Erneuerungsbewegung, die „dem politischen Scherbenhaufen“ zu Leibe rückt. Die Arbeit der sudetendeutschen Volksgruppe nannte er – „bis auf die Witikonen“ – ein Trauerspiel. Sein Sohn bezeugt, dass er stets gerne für „seine Sudetendeutschen“ tätig war und sein Freund, unser kürzlich verstorbener Kamerad Prof. Richard Eichler, wußte, dass der Verstorbene die Eigenschaften eines „Homo Sudeticus“ in sich vereinigte.
Hellmut Diwald starb am 26. Mai 1993 an Nieren- und Knochenkrebs. Sein Andenken zu bewahren, betrachtet der Witikobund als eine seiner vornehmsten Pflichten. (F.Volk)

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