Der Schlag gegen rechts

Dienstag,26.November2013 von

von Alf Torsten Werner unter Mitwirkung des Ortskreises München im Witikobund

Die Attribute links, rechts, Mitte sind an sich wertneutral. Der Witikobund hat sie auf Grund ihrer Unzulänglichkeit daher nie für die eigene Standortbestimmung im politischen Spektrum gebraucht. Vielmehr stimmt er insoweit mit Vaclav Havel völlig überein, der von sich sagte: „Ich kann mir vorstellen, daß eine meiner Ansichten links, eine andere im Gegenteil rechts erscheinen mag; ich kann mir sogar vorstellen, daß ein und dieselbe Ansicht dem einen links und dem anderen rechts erscheint, und es ist mir, um die Wahrheit zu sagen, völlig gleichgültig.“ In der Tat wird von nicht wenigen vermutet, daß das Politikraster „Links-Rechts“, das sich an der Gesäßgeographie der französischen Nationalversammlung vor 200 Jahren orientiert, in der komplexen Welt unseres Parteienspektrums ebenso überholt ist wie die Zustände, in denen sie einst als Orientierungsmuster dienten.

Nicht gleichgültig kann dem Witikobund hingegen sein, wenn ein Blatt wie die Süddeutsche Zeitung (ein Großer Bruder nach Orwell?) in seiner Ausgabe vom 25.April 2013 mit einem Beitrag des Journalisten Sebastian Krass unter der Überschrift „Am rechten Rand“ in einem Akt journalistischer Umweltverschmutzung versucht, den Witikobund nebst eines seiner früheren Vorsitzenden schlecht zu machen. Unter anderem hieß es hier, die Bundesregierung habe auf Anfrage der PDS (ehemals: SED, nunmehr: Die Linke) in den Jahren 2001 und 2008 beim Witikobund „eine Verdichtung rechtsextremistischer Bestrebungen“ festgestellt. Und, wie könnte es denn anders sein, auch das dem „Flagellantentum“ (H.Rothfels) huldigende Paar Bernd Posselt & Franz Pany durfte beim auf Gesichtsverlust zielenden medialen Kannibalismus in professioneller Betroffenheit zu Wort kommen.

Ersterer war unglücklich über eine im Zeitungsbericht erwähnte Veranstaltung und kündigte eine genaue Beobachtung an – allerdings wurde er nirgends als Besucher gesichtet.

Letzterer steuerte zum einen mit einer unwahren Aussage (von der er sich später distanzierte) bei, er hätte dem Witikobund unlängst eine im Sudetendeutschen Haus geplante Veranstaltung „untersagt“. Zum anderen benutzte er ungeniert das Unwort „Revanchismus“ aus dem Propaganda-Arsenal des untergegangenen Unrechtsstaates „DDR“ und unterstrich dreimal, „sich von ’revanchistischen’ Gedanken“ zu distanzieren – dabei vergessend, daß bereits in der Charta der Heimatvertriebenen von 1950 ausdrücklich auf die Rückgewinnung der Heimat durch Androhung und Anwendung von Gewalt, also Revanchismus, verzichtet wurde.

Stattdessen wäre es korrekt gewesen – Franz Josef Strauß folgend – energisch den SZ-Journalisten darauf hinzuweisen, daß das aus dem Wörterbuch der kommunistischen Propagandaküche stammende Unwort „Revanchismus“ nichts, aber auch gar nichts mit dem „legitimen Anliegen” der Sudetendeutschen auf ihr „Heimat- und Selbstbestimmungsrecht” zu tun hat. Strauß weiter (O-Ton): „Aber eine Aussöhnung mit unseren östlichen Nachbarn ist nicht durch einen Verzicht der deutschen Heimatvertriebenen auf ihr Heimatrecht zu erreichen“.

Zu prüfen wäre da doch, ob hier ein Zusammenhang mit Bestrebungen im SL-Vorstand vorliegt, den §3 Buchst. B) der SL-Satzung außer Kraft zu setzen, obwohl er vollinhaltlich mit dem Völkerrecht in Einklang steht. Solche Bestrebungen stellen nämlich einen Anschlag auf die Grundfesten und das Selbstverständnis der SL dar und wären durchaus als grob vereinsschädigendes Verhalten zu werten – die Folge könnte zu einem Antrag auf Ausschluss aus der SL führen.

Zwar beantworteten die Bundesregierungen Schröder/Fischer (2001) und Merkel/Steinmeier (2008) Anfragen der SED/PDS/LINKE wunschgemäß so wie oben erwähnt. Jedoch sprach im Jahr 2009 das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg die Entlastung aus mit der klaren Aussage: Der Witikobund „ist kein Beobachtungsobjekt“! Im Übrigen wird der Schutz der Bürger oder etwa der Presse immer noch durch das Bundesverfassungsgericht gewährleistet. Als herausragendes Beispiel sei genannt die erfolgreiche Klage des ‚rechtsliberalen‘ Alexander von Stahl, vormals Generalbundesanwalt, wonach es dem Verfassungsschutz des Landes Nordrhein-Westfalen verboten An dieser Stelle sei auf folgendes aufmerksam gemacht: Antworten der Bundesregierung auf parlamentarische Anfragen stützen sich auf das Bundesamt für Verfassungsschutz, bekannterweise ein skandalträchtiger und in letzter Zeit äußerst umstrittener Inlandsgeheimdienst. Nun hat Heinrich Lummer, vormals Innensenator des Landes Berlin, dankenswerterweise Licht in das Treiben gebracht. Nach ihm greifen die „etablierten Kräfte“ mittels des Geheimdienstes, über den sie „machtpolitisch verfügen“, zu nicht zu billigenden Maßnahmen, zumal wenn es „gegen rechts“ gehe – dies werfe die „Frage nach dem verfassungsfeindlichem Potential auf, das bei den etablierten Parteien zu finden“ sei. Man erinnere sich etwa an folgendes: Der von Bundeskanzler Gerhard Schröder im Jahr 2000 volksverhetzend verkündete „Aufstand der Anständigen“ beruhte auf dem fälschlicherweise den „Rechten“ zugeschobenen Anschlag auf eine Synagoge. Frage: Was unterscheidet eine solch unanständige Figur aus dem Kreis der 68er da eigentlich noch vom Agitator Joseph Goebbels? Im Übrigen dürfte die Bezeichnung „Verfassungsschutz“ eine Anmaßung sein. Vielmehr wird der Schutz immer noch durch das Bundesverfassungsgericht gewährleistet – auch und vor allem vor den Geheimdiensten.

Einem aufmerksamen Beobachter kann daher kaum entgangen sein, daß die „Bewusstseinsindustrie“ (Hanns Magnus Enzensberger) den Begriff rechts im Laufe weniger Jahrzehnte in eine abfällige, geradezu abwertende, durchaus verunglimpfende Richtung gelenkt hat, der einer Gehirnwäsche gleichkommt. Bei der Beschimpfung des Journalisten Gerhard Löwenthal (einst Moderator des ZDF-Magazins) vor einem Berliner Auditorium als „rechtsradikale Judensau“ handelte es sich seinerzeit noch um eine absolute Ausnahme. Die Stasi-Methoden waren damals bundesweit noch nicht so üblich. Vielmehr konnte sich ein Bodo Hauser noch unbeschwert als rechter Widerpart zum linken Ulrich Kienzle in einer beliebten Fernsehserie präsentieren. Man denke etwa auch an den „Seeheimer Kreis“, der sich selbst als rechter Flügel der SPD positionierte. Oder Jürgen Busche, damals SZ-Redakteur: In einem Leitartikel meinte er, Kanzler Helmut Schmid als „beinharten Rechten“ ausmachen zu müssen – bekanntlich war Schmid in für ihn wichtigen Grundsatzfragen unnachgiebig. Unter der Fülle von Nachweisen hervorzuheben wäre das Feuilleton der SZ, Osterausgabe 1993. Unter der Überschrift „Gedanken über die Rolle des Rechtsintellektuellen in der deutschen Geschichte“ hieß es (noch!): „… Aber es gibt ihn, den Rechtsintellektuellen: Persönlichkeiten wie Joachim Fest, Herausgeber der FAZ, Johannes Gross, Vorstand bei Gruner & Jahr, der Münchner Historiker Michael Wolffsohn oder der Historiker Golo Mann erfüllen diesen Typus …“. Keine Frage, es liegt in der Natur der Sache, daß den Genannten „rechtes Gedankengut“ immanent war/ist, sie dieses publizierten oder noch heute publizieren (Wolffsohn!). Verwundert reibt man sich hingegen die Augen über eine Pressemeldung, der evangelische Landesbischof von Bayern, Johannes Friedrich, habe in seiner Predigt zum Reformationsfest 2010 in Regensburg vor „rechtem Gedankengut“ gewarnt. Der voll dem Zeitgeist huldigende CSU-Bürgermeister einer Kreisstadt in Oberbayern meldete sich gar wie folgt zu Wort: „Wenn man mich rechts nennt, empfinde ich das als Beleidigung“. Hingegen hatte der prozessfreudige Franz Joseph Strauß noch nie etwas gegen eine derartige Apostrophierung. Die Beispiele könnten seitenweise fortgesetzt werden.

Für die heutigen Serientäter „gegen rechts“ wird die Lage noch unhaltbarer dank des gewiss unverdächtigen Sebastian Haffner. Dieser hat – unwidersprochen von Historikerkollegen – darauf hingewiesen, daß die einzige Opposition, die Hitler wirklich gefährlich werden konnte, „von rechts“ gekommen sei: „Von ihr aus gesehen stand Hitler links. Das gibt zu denken. Hitler ist keineswegs so leicht als extrem rechts einzuordnen, wie viele Leute es zu tun gewohnt sind“. Von Hitler selbst ist uns folgendes überliefert: „Meine damalige Partei war doch zu neunzig Prozent aus Links-Leuten zusammengesetzt. Ich habe nur Leute brauchen können, die geprügelt haben.“ Heute stünde ihm dafür die Antifa zur Verfügung, die „ihren unterdrückten SA-Neigungen freien Lauf lassen darf“ (Sezession).

Ferner habe Hitler, nach den Aufzeichnungen seines Adjutanten von Below, auf einer Tagung der Reichs- und Gauleiter am 24. Februar 1945 noch resigniert festgestellt, er habe es versäumt, „auch den Schlag gegen rechts zu führen.“ Und es war schließlich, wie Ralf Dahrendorf sagte,“die Moderne, die 1933 in Deutschland ihren Einzug gefeiert hatte“, während die „Rechte, die Reaktion, am 20. Juli 1944 das so linke Rad der Geschichte“ zurückdrehen wollte, was aber nicht gelungen sei. Und wenn das „rechtsextreme“ Attentat gelungen wäre? Nach der späten Erkenntnis von Eugen Gerstenmaier (Bundestagspräsident von 1954-1969) hätte es am Besiegtenstatus nichts geändert: „Was wir im deutschen Widerstand während des Krieges nicht wirklich begreifen wollten, haben wir nachträglich vollends gelernt: Daß der Krieg schließlich nicht gegen Hitler, sondern gegen Deutschland geführt wurde.“ Unmittelbar nach dem 20.Juli 1944 kursierte dazu im britischen Foreign Office ja auch eine zynische Stellungnahme, in der es unter anderem hieß: „Die gegenwärtige Verhaftungswelle wird zur Entfernung zahlreicher Individuen führen, die uns hätten Schwierigkeiten bereiten können … Gestapo und SS leisten uns einen hoch einzuschätzenden Dienst durch die Beseitigung aller jener, die nach dem Krieg zweifellos als ’gute Deutsche‘ posiert hätten.“ Gemeint waren damit die „Rechten“.

Die heutige Lage ist durchaus ernst einzuschätzen aufgrund des unheilvollen Einflusses von Herbert Marcuse, des wohl von einem großen Teil der 68er anerkannten Gurus und Lehrmeisters. Marcuse gab die Handlungsanweisungen aus, wie man dieses „konservativ gewordene Volk“ zerstören kann, indem man es einfach in die „rechte“ Ecke stellt und gleichzeitig mit dem Nationalsozialismus verstrickt. Marcuses Komplizen und Schüler sitzen heute an wichtigen Schalthebeln der Macht oder Institutionen wie etwa der Friedrich-Ebert-Stiftung. Dort könnte sich der Namensgeber mit seinem „ausgeprägtem Nationalbewußtsein“, der „linksradikale Aufstände mit Waffengewalt“ niederschlagen ließ, heute überhaupt nicht halten. Und ein Kurt Schumacher fände sich höchstwahrscheinlich in sogenannten Verfassungsschutzberichten. In seiner Dissertation „Der Kampf um den Staatsgedanken in der deutschen Sozialdemokratie“ bevorzugt er Lasalle gegen Marx, preist den Staat, ganz im Hegelschen Sinn, als „das höchste Menschheitsideal“, während „individualistisches Emanzipationsideal“ abgewertet wird.

Im Angesicht dieser für Deutschland misslichen, ja bedrohlichen Bewusstseinslage bleibt der Witikobund aufgefordert, sich – über rechts und links stehend – nicht beirren zu lassen durch das Regime der auferstandenen Jakobiner, daß er vielmehr, seinem Grundsatz „rechtswahrend“ getreu, standhaft und beinhart bleibt bei der Verteidigung der abendländischen Grundrechte und der Regeln des Völkerrechts einschließlich des Kriegsvölkerrechts.

Quellen und Literatur:

1.Hans Rothfels: „..es gebe … ein Flagellantentum, das gegen jeden Ansatz ruhiger Selbstachtung“ gerichtet sei..“ (Die Nation, Meyers Enzyklopädisches Lexikon, 1978 Bd. 16 Seite 773 f.); 2.„Aus Politik und Zeitgeschichte – Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament“, Heft B 10/95; 3.Franz Josef Strauß, „Auftrag für die Zukunft“, hrsg. von Wilfried Scharnagl,1987, S. 307 ff: 4. Duden, Revanchismus = „Politik, die auf die Rückgewinnung in einem Krieg verlorener Gebiete oder die Annullierung aufgezwungener Verträge mit militärischen Mitteln ausgerichtet ist“, www.duden.de/rechtschreibung/Revanchismus; 5.Sebastian Haffner, „Anmerkungen zu Hitler“, 1981; 6. Monologe im Führerhauptquartier vom 30.11.1941; Archivale u.a. SZ, FAZ; 7. Josef Schüßlburner/Hans-Helmuth Knütter (Hrsg.): „Was der Verfassungsschutz verschweigt …“, Institut für Staatspolitik, mit einem Vorwort von Heinrich Lummer; m.w.N.; 8. Ansprache Prof. Dr. Karl Heinz Borer bei der Feierstunde anläßlich des 60. Jahrestages des 20. Juli 1944, 20.7.2004; Herbert Marcuse, „Der eindimensionale Mensch“ u.a.m.; Sezession, Heft 55, August 2013.

Verwandte Artikel

Tags

Share