„Demokratische Methoden“ der Tschechen 1919-1938
„Die Minderheiten der Tschechoslowakei waren tatsächlich nur so genannt. Im tschechischen
Machtstaate gab es eigentlich nur eine Minderheit, und das waren die Tschechen selber. Erst
zusammen mit den in den Staat gelockten, dann gezwungenen und mit dem Versprechen
der Selbstverwaltung hingehaltenen Slowaken hatten sie die Mehrheit, und allerhand
Wahlrechtskunststücke mussten mithelfen. Die sogenannten Minderheiten waren in
Wirklichkeit auf ihrem Heimatboden vergewaltigte Mehrheiten.“6) S. 164-165
Die Staatsgrenzen zu Volksgrenzen zu machen, war von Anfang an das Ziel von Thomas
Masaryk, des ersten, mit Hilfe des US-Präsidenten Wilson selbst ernannten Staatspräsidenten
der am 28.10.1918 ausgerufenen Tschechoslowakischen Republik.
Der 4. März 1919 kennzeichnete seine Methoden.
Zlata Praha sekundierte anlässlich des Sokol-Festes 1919 mit der Empfehlung, man solle die
Deutschen über die Grenze peitschen. Von Anfang an bedienten sich seine Leute einer Art
Nebenregierung, der berüchtigten Jednotas, Terrorgruppen, welche vor allem die Beamten
überwachten, denunzierten und beliebig Entlassungen erzwingen konnten.5) S. 75
Die zahlreichen, ohne Legitimation des tschechischen Volkes, geschweige denn der
zwangseinverleibten „Minderheiten“-Bevölkerungen, z.T. schon aus den USA mitgebrachten
oder noch vor Abschluss des Versailler „Friedensvertrages“ in Kraft gesetzten Gesetze
leiteten die nachfolgenden – von der Weltöffentlichkeit mit Stillschweigen übergangenen
– Maßnahmen der tschechischen Machtergreifung ein. Der bis zum Friedensschluss am 28.
Juli 1919 gültig gewesene Waffenstillstand vom 5.11.1918 zwischen den Alliierten und
Assoziierten einerseits sowie Deutschland und Österreich-Ungarn andererseits hat die noch
in letzter Minute als kriegführende Macht anerkannte Tschechoslowakei berechtigt, „wichtige
strategische Punkte“ zu besetzen, was als Recht zur Inbesitznahme des ganzen Landes
ausgelegt wurde.
Ein frühzeitig in Kraft getretenes Wahlgesetz erlegte den Sudetendeutschen für ein Mandat im
Prager Parlament erheblich mehr Stimmen auf, als für tschechische Wahlkreise.
„Dazu bedurfte es auch einer besonderen Landvermessung, »Wahlordnung« genannt.
Ihr zufolge hatten 39.957 Tschechen, 47.716 Deutsche und 109.847 Madjaren je einen
Abgeordneten. Durch solche »Ordnungen« fiel das »demokratische« Überstimmen immer
leichter.“6) S. 165
Amtliche Wahlfälschungen blieben zusätzlich an der Tagesordnung. Nicht nur Stimmzettel
wurden falsch gezählt, sondern auch Tote „beteiligten“ sich an den Wahlen. Meist wurden
auch vor einer Wahl starke tschechische Truppen ins Sudetenland verlegt, die nicht nur
einschüchtern sollten, sondern sich dann auch an der Wahl beteiligten.
Zum Wahlergebnis im Mai 1938 gab die tschechische Zeitung Venkov am 24.5. befriedigend
kund:
„Bei jeder Wahl dringt unser tschechisches Element tiefer in die deutschen Gemeinden ein.
Im Pilsener Gebiet gewannen wir 17 Mandate, die bisher den Deutschen gehörten.“3) S. 168
Fußnoten:
3) Reinhard Pozorny, Wir suchten die Freiheit, Vlotho 1978.
5) E. J. Reichenberger, Wider Willkür und Machtrausch, Graz – Göttingen 1955.
6) Wilhelm Pleyer, Europas unbekannte Mitte, München – Stuttgart 1957.