BdV – ein Bund mit brauner Vergangenheit? Nichtveröffentlichter Leserbrief der Süddeutschen Zeitung

Freitag,8.Februar2013 von

Eine Stimme aus unseren Reihen
Am 22. November 2012 nahm die Süddeutsche Zeitung zur Studie über die NS-Belastung
früherer BdV-Vorstandsmitglieder Stellung (Bericht und Kommentar von Willi Winkler bzw. Heribert
Prantl, S. 6 und S. 4). Unser Leser Alf Torsten WERNER sandte der SZ folgende Stellungnahme
zu. Da sie dort erwartungsgemäß unter den Tisch fiel, übernimmt der Witikobrief den
Abdruck:
„Die alten Nazis waren in der jungen Bundesrepublik überall“, auch im „Bund der
Vertriebenen“, wie nunmehr eine von der BdV-Präsidenten Erika Steinbach angestoßene
Studie aufweist. Und Adenauers Erklärung, es handle sich um Leute, „die von früher was
verstehen“, findet nicht die Zustimmung von Heribert Prantl. Dass es den Kommentator bei
allem „noch heute schüttelt“, deutet auf eine bemerkenswerte Selbstgerechtigkeit hin, denn
in und nach der Gründungsphase der Süddeutschen Zeitung (SZ) gehörten auch dort
Personen zur ersten Garde, die vor 1945 schreibbegeistert selbst tief im braunen Sumpf
wateten!
Angefangen sei mit Werner Friedmann, Lizenzempfänger, erster Herausgeber,
Hauptbesitzer und Chefredakteur der „Süddeutschen“. An prominenter Stelle hatte er sich
bei den Nazis angebiedert, bei Gauleiter Bohle, dem Chef der Auslandsorganisation der
NSDAP. Da schrieb der feine Herr, aus Parteigeldern bezahlt, schon mal ein Drehbuch für
einen NS-Propagandafilm. Oder man nehme den SZ-Literaturredakteur W.E. Süßkind, einen
besonders eifriger NS-Schreiber: Im Mai-Heft 1940 der Zeitschrift DIE LITERATUR
lobhudelte er wie folgt: „Die Gestalt Adolf Hitlers in ihrer schon mythischen Größe wird die
Dichter immer wieder zu Gesang und Aussage treiben“. Und zur Spezialität von SZKulturchef
Dr. Joachim Sperr gehörte einst die Anpreisung antisemitischer Bücher wie
„Judengestalten der deutschen Bühne“ und „Dr. Martin Luther wider die Juden“. Nicht zu
vergessen auch SZ-Chefredakteur Hermann Proebst. 1942 schrieb er in Die NEUE
ORDNUNG über den britischen Staatsmann Disraeli: „In ihm lebte einfach die Besitzgier
seiner Rasse …“. Diese und eine Fülle weitere Nachweise über frühere ideologische
Schreibtischserientäter der SZ findet man im Buch von Kurt Ziesel: „Die Meinungsmacher“.
Der jüngste Sohn des Hitler-Attentäters Claus Schenk Graf von Stauffenberg beurteilte
dieses Steinewerfen im Glashaus vor etlichen Jahren treffend so: „Eines der gefährlichsten
Anzeichen auf dem Wege zu faschistoiden Zügen…“ sei der „ausgestreckte Finger des
Vorwurfs auf andere“.
Mit dem Wunsche auf einkehrende Besinnung verbleibt
A.T. Werner

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